Jubiläum Hinze
Diakon Herbert Hinze feiert 25 Jahre Jugendarbeit in der evangelischen Kirchengemeinde Grambke
- Weser-Kurier - 28.02.2011 -
Der Bart ist ab, der Lack längst noch nicht
Von Olaf Kowalzik
Grambke. Im Höllentempo rattert die selbst gebaute Seifenkiste den Hügel der Hauptstraße bergab. Mittendrin Herbert Hinze, der Diakon der evangelischen Kirchengemeinde Grambke. Mitten in Spanien geht es über einen wüsten Parcours, als sich eines der Räder von der Achse löst und die verdutzte Teilnehmergruppe überholt. Ein kurzer Zwischenstopp zur Reparatur, gestört vom traditionellen Tomatenhagel der Spanier, dann saust die Bremer Delegation auch schon wieder freudestrahlend auf den dritten Rang. "Wir sahen aus wie die Schweine", denkt Herbert Hinze auch heute noch gerne an die frühere Sommerfreizeit mit der Gemeindejugend im sonnigen Süden zurück. Wenigstens stand bei dem Festival ein Bassin bereit, in dem sich die "Bronzemedaillengewinner" notdürftig waschen konnten, erzählt er.
Das war ein Highlight aus den 25 Jahren Jugendarbeit, auf die der Diakon in Grambke mittlerweile zurückblickt. Unter anderem ein Vierteljahrhundert der sommerlichen Fahrten, die er in der Gemeinde maßgeblich eingeführt hat und bei denen er mit den Jugendlichen durch halb Europa tourt. Dieses Jahr wird es in die Toscana gehen - mit 65 Teilnehmern. "So viel wie nie zuvor", wie Herbert Hinze zufrieden betont. Ein Zeichen dafür, dass seine Jugendarbeit in der Gemeinde immer noch "in" ist, immer noch ankommt.
200 Gäste bei der Jubiläumsfeier
Über 200 Gäste waren gekommen, um mit ihm sein Jubiläum zu feiern. Darunter zahlreiche ehemalige und aktuelle Jugendliche, die er unter seinen Fittichen hatte. Viele Ehen und Kinder, die aus diesen Kontakten im Grambker Jugendheim entstanden sind. Eine Anlaufstelle, die auch heute noch vor allem dienstags und donnerstags beim Tag der offenen Tür rege frequentiert wird.
"Da kommt einer, der sich um die Jugend kümmert. Und der spielt auch noch Fußball in der Verbandsliga", wurde er vom damaligen Pastor Schulz in der Gemeinde angekündigt. Schnell wurde er bei den Heranwachsenden beliebt: Traf er doch nicht nur ihre Sprache und setzte sich für sie ein, man konnte seine Kräfte mit ihm auch in jeglicher sportlichen Hinsicht messen.
"Schlag den Raab", das Sendekonzept hätte eigentlich von ihm stammen können. Immer wieder duelliert er sich in den verschiedensten Sport- und Spielarten mit den Jugendlichen, meist steht er auf dem Treppchen ganz oben. "Mittlerweile bin ich aber im Fußball nicht mehr so flott auf den Beinen, da sind die Jüngeren einfach flinker und wendiger", gibt der Diakon augenzwinkernd zu verstehen.
"Mit so etwas Gutem können wir hier nicht aufwarten", sagt derweil Pastor Manfred Pfützenreuter aus der Nachbargemeinde Marßel. Ihm steht kein Diakon zur Verfügung, der sich um die Teenies kümmert. Manchmal wird es dann aber auch in Grambke kritisch. Zum Beispiel dann, wenn Herbert Hinze die Klampfe auspackt und versucht, mit "Herr, gib uns Mut zum Brücken bauen", die Stimmung anzuheizen. "Da wurde allen wohl eher der Mut genommen", schmunzelt einer seiner Zöglinge von damals, Rolf Lübbers, noch heute.
Die Jugend selbst hat sich derweil laut Herbert Hinze trotz der immensen Technologisierung in ihren Grundfesten nicht maßgeblich gewandelt. "Die suchen immer noch einen, der ihnen zuhört, ihnen Geborgenheit gibt, für sie eine ständige Anlaufstelle ist und sie trotzdem nicht für etwas vereinnahmt", sagt der Diakon. Und er weiß nach wie vor wie sie ticken, "schließlich hatte ich ja selbst eine sehr bewegte Jugend", gibt derjenige zu, der abends selten beim Essen mit seiner Familie zusammensitzt, da sich ja gerade die Jugendarbeit außerhalb jeglicher "normalen" Arbeitszeit abspielt.
Aber er kann auch streng sein. Als eine Party mit 200 Gästen aus dem Ruder zu laufen drohte, brach er die Veranstaltung gegen 23 Uhr einfach ab. "Da muss man auch schon mal ein breites Kreuz haben. Gerade, wenn die Jugendlichen danach weiter durch die Gemeinde ziehen", sagt er rückblickend. Nebenbei ist er in der Gemeinde aber auch bei Gottesdiensten, Taufen, Trauungen oder auch bremenweit bei der Suchtberatung sehr aktiv.
Inzwischen ist beim Udo Lindenberg-Fan zwar der Bart ab, weil ihn seine Zöglinge auf einem Stuhl fesselten und ihn - mit seiner Zustimmung - der vollbärtigen Gesichtspracht entledigten. Der Lack ist aber nach wie vor nicht ab. Er ist in der Jugendarbeit in Grambke eben wie der VW Käfer: Er läuft, und läuft, und läuft?