Kaufrausch
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Kaufrausch statt Besinnlichkeit
Ostern wird für den Einzelhandel immer wichtiger / Bremer Gemeinden lehnen sich gegen Kommerzialisierung auf
Von Pastor Frank Mühring (Weser-Kurier vom 13.o4.o9 / Ostermontag)
- Bremen. Volle Geschäfte - leere Kirchen? So könnte man einen Trend beschreiben, der ausgerechnet zu Ostern um sich greift. Bei frühlingshaftem Wetter tummelten sich gestern viele Menschen in der Bremer Innenstadt. Zu Ostern ist im Einzelhandel das "Kerngeschäft" angesagt. Für die Ostergeschenke sind die Deutschen auch dieses Jahr bereit, ihre Geldbörse weit zu öffnen.
- Die Kommerzialisierung des Osterfestes schreitet voran. Zwar wird nicht so viel Geld ausgegeben wie zur Weihnachtszeit. Ostern wird immer mehr zur "Gelegenheit zum Schenken". "Ostern ist für uns in den letzten Jahren immer wichtiger geworden," sagt Britta Behning, Abteilungsleiterin in einem großen Bremer Kaufhaus. "Der Trend geht dahin, dass die Leute sich beschenken - wie zu Weihnachten, aber eben deutlich preiswerter." Für die Kinder statt einer Playstation ein tanzendes Huhn für 14,90 Euro. Und für die Partnerin ein Parfüm für 29,90 Euro. Es wird nicht wahllos, sondern bewusst geschenkt - oft auch etwas Praktisches wie Schulsachen. Geschenke zu Ostern sind ein "Muss" in Deutschland geworden. Man will sich selbst als leistungsstark ausweisen - auch mittels der Präsente.
- Was sagen eigentlich die Kirchen zu diesem Trend? Da greift die Konsumindustrie mit sicherer Hand nach einem weiteren Hochfest der Christenheit. Nimmt man den "Geschenkerausch" an Ostern mit Gleichmut hin? So wie man ihn zu Weihnachten für gewöhnlich als saisonales Übel hinnimmt? Oder kommt Protest und Einspruch von den Kanzeln?
- Auch für die Kirchen bedeutet das Osterwochenende "Kernarbeitszeit". Die Bremer Gemeinden widersetzen sich der Kommerzialisierung zu Ostern. Sie bereiten sich mit Hochdruck und viel Einsatz auf die Gottesdienste an den Osterfeiertagen vor. In der Kirche Unser Lieben Frauen wurde gestern eine Osterkantate von Johann Sebastian Bach geprobt. Der Titel: "Der Himmel lacht, die Erde jubilieret".
- So wird hier und in vielen Kirchen die Auferstehung Jesu Christi gefeiert. Schließlich ist Ostern das wichtigste Fest der Christenheit! Viele Haupt- und Ehrenamtliche in den Kirchen tun alles, um den Gemeinden das Geschenk der Auferstehung Jesu nahe zu bringen.
- Die Entwicklung zum Schenken am Osterfest ist rasant verlaufen. Ostern war früher eine Zeit, wo man mit seinem Gewissen reinen Tisch machte. Geborgte Dinge wurden zurückgegeben. Als kleines Dankeschön oder als "Zins" gab es dazu bemalte Eier im Osterkorb. Mini-Geschenke, mehr nicht. Es ist neu, dass man alle Familienmitglieder mit einem Präsent bedenken will. Oder hat die Geschenkewelle damit zu tun, dass immer weniger Menschen wissen, was an Ostern überhaupt gefeiert wird?
- Eine Umfrage des Emnid-Instituts besagt, dass nur knapp ein Drittel der Deutschen über Ostern einen Gottesdienst besuchen will. 69 Prozent wollen zum christlichen Fest nicht in die Kirche gehen. Volle Geschäfte, nur schlecht besuchte Kirchen - ein schmerzlicher Trend zum Osterfest. Damit können sich die Christinnen und Christen nicht zufriedengeben.
- Vielleicht müssen die Kirchen lernen, ihre eigenen Traditionen wieder ernster zu nehmen. Es geht nicht an, das höchste Fest der Christenheit auf Osterhasen, bunte Eier und Frühlingsblümchen zu reduzieren. Es wäre bedenklich, wenn die Kirchen zur Kommerzialisierung des Osterfestes schweigen würden. Schließlich wird ein starkes Fest gefeiert: Die Überwindung des Todes, der Sieg des Lebens. Das muss einladend gefeiert werden: mit Osternächten, Kerzen, Kantaten, Familiengottesdiensten für Jung und Alt. Das übliche Sonntagsprogramm reicht dazu nicht aus. Es muss schon ein wenig mehr geboten werden, um Ostern sinnfällig zu machen und die Menschen in die Kirchen zu locken. Ostern sollte zu einem lebendig gefeierten Fest gestaltet werden, sonst geht der Ausverkauf der christlichen Inhalte weiter. Ostern - recht verstanden - befreit den Menschen von dem Leistungsdruck, allen mit einem "gediegenen" Geschenk gerecht zu werden. Denn der Sieg des Lebens über den Tod ist wohl durch kein Geschenk dieser Welt zu toppen.