Tauffest

Aus Ev. Kirchengemeinde Grambke
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Evangelische Kirche

  • Weser-Kurier vom 10.05.2012

Ein Tauffest ist für manche zu teuer

Von Julia Ladebeck

Bremen-Nord. Taufe: ja oder nein? Diese Frage stellen sich viele Eltern. Einige Faktoren wirken sich negativ auf die Entscheidung aus: So können sich viele ein Tauf-Fest kaum noch leisten. Und Alleinerziehende schrecken oftmals vor einer traditionellen Familienfeier zurück. Die evangelische Kirche denkt jetzt darüber nach, Tauffeste in Bremen-Nord anzubieten.

361 Menschen wurden 2010 in Bremen–Nord getauft, in den evangelischen Gemeinden ist die Zahl 2011 noch gestiegen.

Mit großen Augen schaut Louis auf den Mann, der ihm soeben die Stirn mit Wasser befeuchtet hat. Fröhlich fängt der Kleine an zu brabbeln. Mit sechs Monaten versteht Louis noch nicht, was gerade mit ihm passiert ist. Aber ihm gefällt das Drumherum in der Kirche, die Musik, der Gesang und dass er im Mittelpunkt steht.

Lassen wir unser Kind taufen oder nicht? Bei der Entscheidung spielen alte Familientraditionen eine Rolle. In Bremen-Nord wurden im Jahr 2010 insgesamt 361 Menschen in den Landeskirchen getauft, 76 in den katholischen Gemeinden und 285 in den evangelischen. Im Jahr 2011 stieg die Zahl der Taufen in den evangelischen Gemeinden in Bremen-Nord sogar um 51 auf 336 an. "Das lässt sich wohl auf das Jahr der Taufe zurückführen", vermutet Sabine Hatscher, Sprecherin der Bremischen Evangelischen Kirche. "Wir haben den Eindruck, dass es sich positiv auf die Entscheidung von Kirchenmitgliedern ausgewirkt hat, ihre Kinder taufen zu lassen."

Wladimir Debosz, Pfarrer in der katholischen Gemeinde St. Marien in Blumenthal, sagt: "Bei uns in der Gemeinde ist die Zahl der Taufen seit Jahren stabil, im Jahr 2011 waren es genau 30. Meistens werden Kinder getauft, aber es sind auch immer einige Erwachsene darunter, die sich entscheiden, in die Kirche einzutreten."

Dreimal mit Wasser benetzt: Nach der Taufe durch Pastor Volker Keller freuen sich Louis Albert Hermann und Mutter Irene Löwen.

Für Irene Löwen und ihren Lebenspartner Stefan Müller stand die Entscheidung von Anfang an fest. "Für uns war klar, dass wir Louis taufen lassen. Er soll die Möglichkeit bekommen, einen Bezug zur Kirche aufzubauen", sagt Irene Löwen. Die 37-Jährige wurde selbst mit 16 Jahren getauft. Sie wurde in eine mennonitische Brüdergemeinschaft hineingeboren; wie in allen Freikirchen gibt es dort keine Kindstaufe. Inzwischen ist sie Mitglied in der evangelischen Kirchengemeinde Vegesack. "Ich wurde in einem Freibad getauft, zusammen mit anderen Jugendlichen", erinnert sie sich. Die Prediger haben im Wasser auf uns gewartet und wir Täuflinge wurden dann komplett untergetaucht."

Ähnlich läuft das Ritual der evangelischen freikirchlichen Gemeinde in Lesum ab. Auch dort werden die Täuflinge im Taufbecken ganz untergetaucht, "als Zeichen für die Auferstehung", erläutert Gemeindeleiter Thomas Lange. Im vergangenen Jahr wurde eine junge Frau der Lesumer Baptistengemeinde erstmals sogar in der Weser getauft, bei einem Freiluft-Gottesdienst auf Harriersand.

"Das Ritual in den evangelischen Landeskirchen ist etwas anders", erläutert Volker Keller, Pastor in der Vegesack. "Dreimaliges Besprengen der Stirn ersetzt das Untertauchen." Als Geschenk erhält jeder Täufling von der Gemeinde eine Kerze, die als Zeichen für neues Leben, Glaube, Liebe und Hoffnung steht und an das Jesuswort aus dem Johannesevangelium erinnert: Ich bin das Licht der Welt!

"Die meisten Eltern lassen ihre Kinder im Kleinkindalter taufen, insbesondere im ersten Lebensjahr und dann im Alter von zwei bis drei Jahren", erläutert Sabine Hatscher. Eine weitere Spitze liege bei Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren, "wenn sich Konfirmanden taufen lassen". Pastor Keller hat die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ihre Kinder taufen lassen, um sie dadurch "an eine höhere Macht anzubinden". Selbst dann, wenn sie nicht besonders religiös und keine großen Kirchgänger seien.

Aus einem ähnlichen Grund wollen Ramona und Matthias Frerks ihren Sohn Jesse taufen lassen. "Wir wurden beide nicht religiös erzogen und hatten keinen Bezug zur Kirche", erzählt Ramona Frerks. "Aus Kostengründen sind wir irgendwann aus der Kirche ausgetreten." Erst Gespräche mit einer befreundeten Religionslehrerin führten dazu, dass sie sich überhaupt mit dem Thema beschäftigten. Inzwischen freuen sie sich auf das Tauffest im Juli.

Ein Fest mit 400 Gästen

Gemeinsam mit ihrem zweieinhalb Jahre alten Sohn haben sie einen Gottesdienst besucht, sie haben angefangen, mit Jesse über Religion zu sprechen und Ramona Frerks ist wieder in die Kirche eingetreten. "Jesse taufen zu lassen gibt mir das Gefühl, alles für ihn getan und ihm alles Gute mitgegeben zu haben", sagt sie. "Ob er sich später konfirmieren lassen möchte, kann er dann ja selbst entscheiden."

"Wir wünschen uns natürlich, dass die Familien ihre Kinder taufen lassen", sagt Sabine Hatscher. "Wir bemerken aber Faktoren, die sich negativ auf diese Entscheidung auswirken." So könnten sich viele arme Menschen ein Fest kaum noch leisten. Dazu komme die hohe Zahl Alleinerziehender, die oftmals vor einem traditionellen Familienfeier zurückschrecken würden. Sabine Hatscher sagt: "Mit Tauffesten und Informationen wollen wir die Menschen zur Taufe einladen. Im Dom wurden im vergangenen Oktober bei einem Tauffest 44 Kinder getauft. Anschließend haben 400 Gäste gemeinsam bei Kaffee und Kuchen gefeiert. Das entlastet Menschen, die wenig soziale Bezüge und kein Geld haben, um eine Feier auszurichten." Solche Angebote wolle die evangelische Kirche künftig auch in Bremen-Nord machen.