Aus Ev. Kirchengemeinde Grambke
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Die Grambker Kanzel
- Die Kanzel nennt Hermann Oetken, der sie 1953 restaurierte, "eine der schönsten Kanzeln im Bremer Gebiet". Er meint auch, daß sie trotz der eingeschnitzen Jahreszahl 1632 schon etwa um 1600 entstanden sein müsse und den Kanzeln von Lemwerder und Warfleth ähnlich sei. Diese beiden Kanzeln weisen noch heute die ursprüngliche Bemalung auf, während die Grambker Kanzel, warscheinlich beim Einbau in die jetzige Kirche, mit einem kühlen Blaugrau überstrichen wurde. Später wurde sie sogar ganz abgebeizt und mit einer Eichenholzimitation übermalt. Erst 1953 wurde die ursprüngliche Farbigkeit nach dem Vorbild der Kanzeln von Lemwerder und Warfleth wiederhergestellt. Dabei wurde auch das bisher leere Feld der Kanzelrückwand mit einem Bibelwort ausgefüllt. Während die Kanzel selbst aus Eichenholz angefertigt wurde, bestehen Rückwand und Schalldeckel aus Tannenholz. Hermann Oetken schreibt sie einschließlich ihres Schnitzwerkes (als spätere Zutat) der Barockzeit zu. Der jetzige Kanzelaufgang stammt aus dem Jahre 1912; es gibt noch ein Bild, das ihn in der damaligen Tischlerei Meyer (Bernhard Meyer) in Burg zeigt.
- Viele Grambker Gemeindeglieder werden ihre Kanzel noch nie genau betrachtet haben, darum wollen wir einige Einzelheiten herausheben. Außerdem geben wir eine Beschreibung und Deutung der Kanzel wieder, wie sie Pastor Hoops versucht hat. Dabei sind allerdings kleine Anmerkungen notwendig, weil die Kanzel bei der Restaurierung von 1953 etwas verändert wurde.
- "Die Kanzel lehnt sich mit der Rückseite an die Wand. Diese ist zwischen Brüstung und dem Schalldeckel mit Holz bekleidet, worauf köstliche Schnitzwerke angebracht sind. Zur Rechten des Predigers erscheint der gehörnte Moses in Halbfigur, in der rechten Hand die beiden Gesetzestafeln tragend und mit dem Zeigefinger der linken darauf hinweisend. Zur Linken des Predigers erhebt sich in Halbfigur, ebenso wie die Gestalt des Moses aus Blattwerk herauswachsend, Johannes der Täufer; er hält mit der Rechten ein Buch empor, worauf ein Lamm ruht, und zeigt mit der Linken darauf hin. Der leichtgeöffnete Mund scheint zu sprechen: "Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!"
- Um die rechte Schulter hat er ein Gewand geworfen, während der kraftvolle linke Arm entblößt erscheint. Die beiden besonders edel ausgeführten Gestalten repräsentieren den alten und den neuen Bund. Zwischen ihnen sind zwei geflügelte Engelsköpfe angebracht und darunter Früchte in größerer Ausführung als die gleich zu erwähnenden an der Kanzelbrüstung.
- Diese ist sechsseitig; fünf Seiten begrenzen sie von der Treppe bis zur Wand, und die sechste, etwas breitere, wird durch die Tür gebildet. Alle sechs Felder sind von oben bis unten mit Schnitzwerk bedeckt. Die fünf Hauptfelder sollen offenbar eine Gedankenreihe darstellen. In der Mitte der Kanzel befindet sich ein stark hervortretender Engelskopf mit kraftvollen Gesichtszügen; er hat die Augen aufwärts gerichtet, als wenn er bete. Es scheint mir, daß er der "Engel der Gemeinde" (nach Offenbarung Johannes 2 und 3) sein soll, die idealisierte Verkörperung der Gemeinde, unter welcher das Evangelium verkündigt wird, also in diesem Fall die Gemeinde Burg (resp. jetzt Grambke)
- Anmerkung:
- Dieser Engelskopf wurde 1953 an die Rückwand, unter die Gestalt Johannes des Täufers gesetzt. An seine Stelle ist die Figur des fünften Feldes getreten.
- Durch die Bildwerke auf den übrigen vier Flächen wird der Gemeinde das Evangelium gepredigt in eigenartiger Weise. Auf der ersten, dicht neben der Treppe, erblicken wir im Mittelfelde eine allegorische Frauengestalt, die ihre rechte Hand aufs Herz legt (= GLAUBE), mit der linken einen auf der linken Schulter ruhenden Anker trägt (= HOFFNUNG) und an der linken Seite eine Tasche hängen hat (= werktätige LIEBE). Sie verkörpert also die drei Kardinaltugenden des Christentums und legt sie der Gemeinde ans Herz. Auf der dritten Fläche befindet sich im Mittelfelde wieder eine Frauengestalt, die in der Linken (die Hand fehlt leider) eine Waage hält; der rechte Arm ist abwärts gebogen, und die Hand scheint den Griff eines Schwertes (nicht mehr vorhanden) umfaßt zu haben. Es ist also ein Bild der GERECHTIGKEIT oder des jüngsten Gerichtes, woran die Gemeinde mahnend erinnert wird. Die beiden letzen Felder stellen die Folgen des Gerichts dar. Auf dem vierten steht in der Mitte eine Frauengestalt, auf deren rechtem Arm (die Hand fehlt) eine Schlange hängt (= GEWISSENSQUAL), während sie mit der Linken abwärts zeigt (zur Verdammnis). Auf dem fünften Bild endlich eine Frauengestalt. die eine auf der rechten Schulter ruhende, unten verkapselte Rolle mit beiden Händen liebevoll umfaßt hält; ohne Zweifel ist es das BUCH DES LEBENS (Phil. 4, 3, Offbg. 3, 5 und öfter), worin die Namen der Seligen verzeichnet stehen.
- Anmerkung:
- Dieses fünfte Feld ist jetzt leer und enthält lediglich einen Hinweis auf die Restaurierung von 1953
- Vier schön verzierte, schlanke Säulen trennen die Felder voneinander, jede auf dem oberen Rande der Kanzel mit einem Engelskopf gekrönt. Außerdem befinden sich oberhalb und unterhalb jedes der kleinen Mittelfelder noch je ein kleines Feld. Darin erscheinen auf der ersten, zweiten, dritten und fünften Fläche oben und unten je ein geflügelter Engelskopf, aus deren Gesichtern eine wahrhaft verklärte Freude leuchtet, während die kleinen Felder der vierten Fläche mit Grimmig aussehenden Teufelsköpfen ausgefüllt sind. - Zu beiden Seiten säntlicher Köpfe in den Ecken besonderz der oberen Felder sind verschiedenartige Früchte, z.B. Trauben und Feigen angebracht, an das Wort der Bergpredigt erinnernd: "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?"
- Das Ganze dient zur Erläuterung und sinnbildlichen Darstellung des auf dem unteren Rande der Kanzel ringsherum eingeschnittenen schönen Spruches: "Alleine bi Cristo de ewige Frövde" (Dahinter steht die Jahreszahl 1632.)
- Die Kanzeltür endlich zeigt oben und unten wieder geflügelte Engelsköpfe und Früchte, im Mittelfelde aber einen ernst und sinnend dreinschauenden Engelskopf mit gesenkten Flügeln, der aussieht, als wolle er dem die Treppe hinaufsteigenden Prediger sagen: "Nun schöpfe aus der Tiefe des Wortes Gottes und laß es dir ernst sein!" (Auf der Fußleiste sind die Buchstaben MHF und eine Hausmarke eingeschnitten.)
- Um die Kanzel herum (unter dem Spruch) läuft ein breiter Saum mit ausgestochenen Arabesken im Renaissancestil. Ähnliche Arabesken finden sich überall zwischen den Bildschnitzereien. Eine gewundene Säule, die wohl aus späterer Zeit stammt, trägt die Kanzel."
- Soweit Pastor Hoops.
- Wir erinnern uns: 1632 ist das Jahr, in dem die Kanzel und der Taufstein der Burger Kirche geschenkt wurden. Ebenfalls rufen wir uns ins Gedächtnis, daß die Kanzel nach ihrer Rettung aus der zerstärten Kirche in Lesum untergestellt war, ehe sie ihren Platz in den drei aufeinanderfolgenden Grambker Kirchen fand. Ergänzend zu der Beschreibung von Pastor Hoops sei erwähnt, daß außer den Engels- und Teufelsköpfen auch Menschen in der Kleidung und Haartracht von etwa 1600 dargestellt sind.
- Eines berühmten Mannes sei an dieser Stelle gedacht, der als Prediger auf der alten Grambker Kanzel gestanden hat: Es ist Bremens großer Bürgermeister Johann Smidt. Er hatte zunächst Theologie studiert, dann aber nach dem Examen, das er mit 20 1/2 Jahren (!) ablegte, doch kein Pfarramt übernommen. Gepredigt aber hat er in jungen Jahren oft. Im Grambker Gemeindebericht von 1914 finden wir einen Hinweis auf einen Brief, den er 1791 an einen Freund schrieb: "Am 10. Julius predigte ich zuerst in Wasserhorst; am folgenden Sonntag predigten wir beide: Lange hielt seine erste Predigt in Büren und ich darauf meine zweite in Grambke. Alles ist gut und glücklich vonstatten gegangen. Wie ich in die Grambker Kirche ging, donnerte es und es blitze von allen Seiten und hörte nicht eher auf, bis ich glücklich geendigt hatte...... Ein Bauer aus Grambke sagte meiner Mutter, die es sich nicht hatte nehmen lassen, ihren Sohn zu begleiten, nach geendigter Predigt, wie er sich gewundert habe, daß ein so junger Fent (Smidt war damals 18 Jahre alt!!!) über dem Gewitter seine ganze Freimütigkeit behalten hätte."
In dem Buch Bremer Kanzeln aus der Renaissance und Barock von Rolf Gramatzki (Verlag H.M. Hauschild GmbH) ist die Grambker Kanzel mit vielen Details ausführlich beschrieben.